Soll ich schlechte Geräte ehrlich bewerten?
Ehrlich bewerten? Natürlich geht jeder davon aus, dass ein geschriebener Testbericht ehrlich ist und man sich auf das Testurteil verlassen kann. Zumindest sollte es so sein. Aber so, wie Internetportale oder Zeitungen von Werbung und Kooperationen abhängig sind und man daher leider nicht immer davon ausgehen kann, dass alles fair und ehrlich ist, befindet sich auch der kleine Testblogger ein wenig in der Zwickmühle. Klar geht es bei ihm nicht um große Werbeeinnahmen oder zu bezahlende Gehälter, aber bereits ein negativer Testbericht kann dazu führen, dass er von diesem Hersteller nie wieder ein Testgerät bekommt. Also wie bewertet er ein Testprodukt nun – ehrlich oder wohlwollend für den Hersteller?
Ehrlich währt am längsten!
Als Blogger, Produkttester oder Testberichter solltet Ihr Euch in die Lage Eurer Leser versetzen. Was erwartet ihr, wenn ihr einen Testbericht lest? Welche Informationen möchtet Ihr erhalten? Möchtet Ihr belogen werden oder eine ehrliche Meinung lesen?Blogger oder sogenannte Influenzer haben heute einen enorm großen Einfluss. Sie können bestimmen, wohin ein Trend geht, sind Vorbilder, werden behandelt, wie Stars und teilweise sogar so bezahlt. Einige werden jetzt lächeln, weil sie sich absolut nicht in dieser Position sehen, aber selbst, wenn man diesen Status vielleicht nie erreicht, sollte man ihn anstreben und darauf hin arbeiten. Nur so kann man sich stetig verbessern. Wer hier jedoch versucht, unehrlich sein Ziel zu erreichen, kann schnell wieder tief fallen.
Habt Ihr bereits einige Fans und Stammleser gefunden, vertrauen diese Euch und verlassen sich auf Eure Aussagen. Lobt Ihr ein eigentlich gar nicht so gutes Produkt und kaufen Eure Leser darauf dieses, werden sie arg enttäuscht sein, dass sie so vorgeführt wurden. Diesen Ärger werden sie nicht für sich behalten und schnell ist der gute Ruf hinüber. An diesem Punkt solltet ihr überlegen, wen Ihr mehr braucht – den einen Hersteller, von dem Ihr vielleicht nie wieder Testgeräte bekommt, oder die Leser, die in der Lage sind, Euch hochleben oder fallen zu lassen. Die Antwort dürfte klar sein.
Man kann der Scheiße auch Geschmack geben!
Auch wenn diese Redewendung derb klingt und eher ironisch gemeint ist, ist er aus der Sicht des Produkttesters gar nicht so verkehrt. Es ist eine Kunst, die man verstehen und lernen muss.
Jeder gute Schriftsteller könnte sich ein Horror-Buch nehmen und nur anhand der Wortwahl eine Liebesschnulze daraus machen, ohne die Story dabei zu verändert. Das bedeutet für einen Produkttester, dass auch er die Möglichkeit hat, Fehler am Produkt zu nennen, ohne das Produkt schlecht zu machen.
Die Formulierung im Testbericht macht den Unterschied
Wenn Euer bester Freund hin und wieder nach Achsel riecht, sagt Ihr ihm: „Du stinkst, ich will Dich nicht mehr.“ ? Oder formuliert Ihr es vielleicht so: „Du bist mein bester Freund aber müffelst manchmal, probier doch mal ein anderes Deo aus.“ Angesprochen werden sollte es, entscheidend ist aber wie. Beide Varianten bringen den Fakt zum Ausdruck, die zweite lässt den Freund aber nicht als Deppen dastehen.
Gleiches gilt für ein Testprodukt. Klar könnte man sagen: „Die Drehzahl des Akkuschraubers ist so gering, dass man ihn zum Bohren nicht gebrauchen kann.“ Man könnte es aber ebenso anders formulieren: „Mit einer nicht so hohen Drehzahl ist der Akkuschrauber nicht zum Bohren gedacht, eignet sich aber gut zum Schrauben.“ Oder: „Wer ein Werkzeug zum Schrauben sucht, ist hiermit gut beraten. Zum Bohren ist es eher ungeeignet.“ Damit habt ihr den Fakt der geringen Drehzahl angesprochen, macht gleichzeitig aber nicht das ganze Testgerät schlecht. Im Gegenteil, Ihr lasst zeitgleich sogar positive Aspekte einfließen. So stoßt Ihr den Hersteller nicht vor den Kopf, weißt ihn darauf hin, dass eine höhere Drehzahl besser wäre und auch der Leser weiß, was er vom Gerät zu erwartet hat. Damit kann man nett und dennoch ehrlich bewerten.
Inwieweit Ihr solche Mankos in das abschließend Testurteil einfließen lasst, hängt davon ab, was Ihr in dem Testgerät seht. Wäre es in diesem Fall eine angepriesene Bohrmaschine, kann das Testurteil nicht so gut ausfallen. Handelt es sich laut Hersteller aber um einen Bohrschrauber, kann man sagen, dass er zum Schrauben geeignet ist und sicher auch das eine oder andere Loch bohrt.
Weitere Tipps, wie Ihr ein Produkt richtig bewertet, findet Ihr hier: Testprodukte richtig bewerten
- Sei ehrlich und verkaufe dich nicht an den Hersteller des Testproduktes!
- Ein Produkt darf auch mal kleine Fehler haben, ohne gleich “Schrott” zu sein.
- Formuliere Fehler nett und als Hinweis an die Produktmanager.
Als gelernter Facharbeiter für Zerspanungsmechanik, Hausbauer und ambitionierter Heimwerker, habe ich als Ausgleich viel Zeit im Internet verbracht, Bosch bei der Moderation seiner Heimwerker-Community unterstützt, ein Bautagebuch geführt und meinen Heimwerker-Blog veröffentlicht.
Heimwerker.de erkannte meine Talente und holte mich als Redakteur für Fachbeiträge und Testberichte ins Boot. Nach und nach wurde Heimwerker.de schließlich zu meinem Baby, um das ich mich liebevoll gekümmert habe. Aber Babys werden groß und gehen ihre eigenen Wege. So wie ich jetzt als freier Redakteur (hauptsächlich) für Testberichte.