Creality Sermoon S1 Test: 3D-Scanner sind ein interessantes Thema und ich habe mich vor einer Weile bereits an einem etwas günstigerem Gerät probiert. Nach einigen Tests und grauenhaften Ergebnissen habe ich es wieder eingepackt. Nein, das macht keinen Spaß.
Der Creality Sermoon S1 ist “etwas” teurer und dementsprechend sind auch die Erwartungen ein wenig anders. Trotz meiner ersten Versuche mit dem günstigeren Modell betrachte ich mich als Neuling und möchte euch einladen, mit mir und dem Creality Sermoon S1 in das Thema einzusteigen.
Die Grundausstattung
Der Creality Sermoon S1 liegt aktuell bei rund 2800 € und klar sollte ein solches Gerät sicher verpackt sein. Da gibt es auch nichts zu meckern, der Koffer ist extrem stabil und komplett mit Schaumstoff ausgekleidet. Jedes Teil hat seinen Platz und sollte an diesem auch überleben, wenn der Koffer mal die Treppe herunter fällt.
Viele Teile gibt es im Koffer jedoch nicht. Da wäre der 3D-Scanner Creality Sermoon S1, die Kalibriertafel, eine einfache Bedienungsanleitung, selbstklebende Markerpunkte (etwa 1500), ein Netzteil und die benötigten Kabel.
Um den Creality Sermoon S1 nutzen zu können, muss er über einen USB-A Anschluss mit dem Rechner verbunden werden. Wichtig – es muss ein USB 3.0 Anschluss sein. Zu erkennen ist er daran, dass die Kunststoffteile blau sind.
Alternativ kann auch ein USB-C Anschluss genutzt werden. Der dann benötigte Adapter liegt bei. Ebenso liegt ein Netzteil bei, welches zusätzlich angeschlossen werden muss.
Einrichtung des Creality Sermoon S1
Zum Scannen wird die Software CrealityScan 4 benötigt, die kostenlos in der Creality Cloud geladen werden kann. Natürlich gibt es sie für Windows und Mac. Die Installation sollte niemanden vor ein Problem stellen.
Systemanforderungen
Etwas problematischer sind da schon die Systemanforderungen des Creality Sermoon S1. Der will nämlich viele Bilder in der Sekunde machen, die dann an den Rechner geschickt und dort verarbeitet werden.
Unter normalen Bedingungen finde ich meinen Rechner ziemlich flott. CrealityScan 4 führt beim ersten Start jedoch einen Leistungstest durch und ist der Meinung, ich hätte eine wörtlich “schlechte PC-Leistung”.
Meine Konstellation:
- Prozessor: AMD FX(tm)-6300 (6 x 3,50 GHz)
- Arbeitsspeicher 16 GB
- Grafikkarte: NVIDIA GeForce GT 730 (4 GB)
- Betriebssystem: Windows 10 Pro
Laut den Performance-Anforderungen hätte CrealityScan 4.0 für den Sermoon S1 offenbar gern eine etwas bessere Grafikkarte mit mindestens 6 GB und wenigsten einen i7 Prozessor der 7. Generation. Aber es funktioniert auch mit meiner Konstellation.
Auch über den benötigten USB 3.0 Anschluss verfügte mein Rechner nicht, der lässt sich über eine PCI Express Karte aber nachrüsten. Für meine habe ich bei Amazon gerade mal 18 € bezahlt.
Kalibrierung des Sermoon S1
Ist der Creality Sermoon S1 korrekt angeschlossen, wird er von der Software auch erkannt und sie möchte, dass der Scanner kalibriert wird. Das ist im Prinzip recht einfach und jeder einzelne Schritt wird mit Bildern erklärt.
Benötigt wird hierfür die Kalibriertafel, die sich etwas versteckt unter der Schaumstoffeinlage im Koffer befindet. Zuerst wird rückseitig der QR-Code gescannt und anschließend die Markierungen auf der Front in unterschiedlichen Entfernungen und Neigungen.
Die Software zeigt hierbei genau an, wie der Sermoon S1 zu positionieren und zu neigen ist. Falsch kann man nichts machen, man merkt allerdings, dass er nicht leicht ist und eine ergonomische Grifffläche fehlt. Man muss schon etwas aufpassen, mit der Hand nicht zu verkrampfen.
Scannen mit CrealityScan 4.0
Bevor es richtig losgeht sollte man sich die Software etwas genauer ansehen und ich kann jeden Einsteiger beruhigen – CrealityScan 4 zeigt sich sehr aufgeräumt, einfach und vor allem gibt es Informationen zu jeder Einstellmöglichkeit.
Hat man als erstes ein neues Projekt angelegt und gern auch selbst benannt, müssen die Scanparameter festgelegt werden. Die erste Auswahl bezieht sich auf “Blauer Laser-Modus” und “Infrarot-Modus”.
Der blaue Laser-Modus eignet sich für hochpräzises (maßliches) Scannen, benötigt aber aufgeklebte Markierungen. Der Infrarot-Modus benötigt keine Marker und dient eher dem Scannen von Formen wie Körper Gesichter und Skulpturen.
Unter den beiden Scanmöglichkeiten gibt es weitere Einstellungen, mit denen sich der Scan besser an die Begebenheiten anpassen lässt. Hier muss man sicher etwas üben und probieren.
An der Stelle möchte ich nochmal darauf hinweisen, dass man für die Einstellungen keine Bedienungsanleitung lesen muss. Hinter jeder Einstellung ist ein Info-Symbol mit MouseOver-Effekt und einer kleinen Erklärung. Für weitere Hilfe ist zusätzlich die Creality-Wiki verlinkt.
Gesichtsscan im Infrarot-Modus
Der startet mit Hindernissen, denn den Creality Sermoon S1 zu halten, während man sich selbst scannt, ist umständlich und auch nicht vorteilhaft. Gut, dass er eine Stativaufnahme mitbringt.
Um den Creality Sermoon S1 mit Stativ besser nutzen zu können, habe ich mir zuvor eine spezielle Halterung entworfen, um den Scanner etwas vor das Stativ zu setzen. Andernfalls ist es schwer, den richtigen Abstand einzuhalten.
Dann geht es endlich los und für den ersten Versuch habe ich den “Infrarot-Modus” gewählt, “Gesicht” angeklickt und als Tracking-Modus “Textur”. Mit einem Klick auf “Vorschau” geht es dann auch schon fast los.
Fast, weil zu diesem Zeitpunkt noch nichts gescannt wird. Man sieht jedoch bereits, was man jetzt scannen würde. In einem kleinen Fenster ist die Aufnahme der IR-Kamera zu sehen und im Fenster darunter die der Farbkamera.
Mittig erscheint, was der Creality Sermoon S1 gerade scannen würde und anhand einer Skala sieht man, ob man sich zu nah oder zu weit entfernt zum Scanner befindet.
Passt alles und erscheinen mittig die Bildpunkte grün, kann der Scan mittels Taste am Scanner oder in der Software gestartet werden.
Der erste Test beginnt
Ich habe den Creality Sermoon S1 dazu mit dem Stativ auf den Schreibtisch gestellt, mich auf einen Barhocker gesetzt und einmal um die eigene Achse gedreht. Das Ergebnis kann sich nach einer Umdrehung (etwa 1 min) bereits sehen lassen.
Dann das Stativ nochmal höher und tiefer gestellt und mich jedes Mal gedreht, um möglichst alles zu erfassen. Haare sind dabei ebenso etwas schwer, wie meine rahmenlose Brille. Daher habe ich die Brille ab- und ein Basecap aufgesetzt.
Jederzeit ist es möglich, den Scan zu unterbrechen und wieder zu starten. Wichtig ist dabei nur, dass der Creality Sermoon S1 bekannte Bildpunkte sieht und weiß, wo genau er sich gerade am zu scannenden Objekt befindet.
Das gilt auch, wenn er seine Orientierung mal verliert, weil man sich beispielsweise zu schnell bewegt hat. Dann zeigt man ihm einen bekannten Bereich und er orientiert sich wieder.
Je mehr Durchgänge man macht, um so feiner wird das Ergebnis. Allerdings schleichen sich dabei auch Fehler ein, weil man vielleicht das Basecap mal absetzt und nicht exakt gleich wieder aufsetzt oder die Hand erfasst wird, die zum Scanner greift, um ihn zu pausieren.
Intuitiv die ersten guten Ergebnisse
Trotzdem muss ich sagen, dass es erstaunlich ist, was man als Laie bereits mit den ersten Versuchen erreicht. Mit einer besseren Hardware wäre der Scan sicher noch besser, da pro Sekunde viel mehr Daten erfasst werden können. Dann braucht man weniger Anläufe und es können sich weniger Fehler einschleichen.
Den Scan kann man sich übrigens mit Oberflächen in Farbe anzeigen lassen oder als Qualitätskarte, bei der grüne Flächen zeigen, was bereits sehr gut aufgenommen wurde.
Scan beenden und bearbeiten
Nach dem Scan beginnt die eigentlich Arbeit und an der Stelle muss ich eingestehen, dass ich sicher noch viel lernen muss, um das Potential auszuschöpfen.
Also beginne ich als erstes damit, Artefakte zu entfernen, die nicht da sind, wo sie hingehören. Dazu drückt man die Umschalt- und die linke Maustaste, womit Bereiche markiert werden. Ohne Umschalttaste lässt sich das Objekt drehen.
Die markierten Bereiche färben sich rot und können dann einfach gelöscht werden. Hat man (wie ich) einige Fehler, ist es ein wenig Arbeit aber so langsam klärt sich mein Scan. Schade, dass ich das Basecap abgesetzt hatte und dadurch Bereiche fehlen.
Anschließend geht es in die Mesh-Verarbeitung, wo bereits eine Funktion aufleuchtet – der “Ein-Klick-Prozess”. Und der hat mich richtig umgehauen. Mein betagter Rechner braucht zwar eine ganze Weile zur Berechnung, aber dann erscheint tatsächlich ein fast perfektes 3D-Modell von mir.
Ok, mein Modell schielt ein wenig und der bereits festgestellt Fehler am Basecap wurde nicht ganz repariert, aber die Oberflächen, die Farbtöne… Ich bin begeistert.
Der eigene Kopf als Büste
Und dann gibt es da noch die “Head AI Reparatur”, die ich als nächstes ausprobiere. Dazu muss ein kleines Datenpaket geladen werden und dann stehen einige Referenzmodell zur Verfügung.
Wird ein Modell davon ausgewählt und die Vorschau aktiviert, hat der Rechner wieder eine Weile zu tun und führt eine KI-Gesichtsreparatur durch. Das Ergebnis ist super und projiziert das eigene Gesicht in die Vorgabe.
Etwas schade ist, dass wirklich nur das Gesicht dazu verwendet wird. Frisuren werden ersetzt und auch wenn das Gesicht gleich bleibt, wird die gesamte Erscheinung dadurch etwas entfremdet. Vielleicht kommen ja noch mehr Vorlagen mit mehr Frisuren.
Grundlegend muss ich aber sagen, dass ich begeistert bin, wie schnell es möglich ist, mit dem Creality Sermoon S1 ein Modell von meinem Gesicht anzufertigen.
Modell im Blauer-Laser-Modus
Für den nächsten Test “Blauer-Laser-Modus” habe ich mir eine kleine Katzen-Skulptur aus dem Regal gegriffen und eine Härterstation für Harz-Drucker zur automatischen Drehscheibe umgebaut.
Katze draufstellen, Markerpunkte verteilen, Scan aktivieren und dann geht es größtenteils automatisch los. Natürlich musste ich den Creality Sermoon S1 auch mal in die Hand nehmen, um nicht immer sichtbare Stellen zu erreichen.
Aber das Ergebnis kann sich sehen lassen und je öfter ich scanne, um so weniger Fehler schleichen sich ein und um so besser wird der Scan.
Trotzdem kann es natürlich Fehler geben und auch meine Katze hat noch ein paar Löcher. Aber da hilft die Software mit der Funktion der Lochfüllung. Loch anklicken, Art der Füllung auswählen und schon werden die Löcher automatisch geschlossen.
Das sieht richtig gut aus und lässt sich anschließend als stl, ply, obj oder asc exportieren. Creality Print hat weder mit stl noch mit obj ein Problem und problemlos könnte man das Modell auch auf einem 3D-Drucker drucken.
Das “könnte” reicht mir an der Stelle, da alles weitere nicht mehr vom Scanner, sondern vom Drucker und meinen Einstellungen abhängen würde.
Fazit Creality Sermoon S1 Test
Der Creality Sermoon S1 ist nicht gerade günstig und als Einsteiger in den 3D-Scan fällt es mir schwer, das Preis/Leistungsverhältnis einzuschätzen. Im Vergleich mit meinen Versuchen mit einem 3D-Scanner der 300 € Klasse, gibt es aber einen himmelweiten Unterschied und der ist wohl sein Geld wert.
Besonders gut gefällt mir am Creality Sermoon S1, dass er intuitiv nutzbar ist und selbst Einsteiger in der Lage sind, sehr gut Ergebnisse zu erzielen und diese auch in der Software CrealityScan 4 zu bearbeiten und zu finalisieren.
Man sollte jedoch beachten, dass ein 3D-Scanner zur perfekten Arbeit auch den entsprechenden Rechner benötigt. Erst wenn dieser in der Lage ist, alles schnell zu verarbeiten, werden die Ergebnisse perfekt und macht es richtig Spaß, mit dem Creality Sermoon S1 zu arbeiten.
Die Grundlagen dazu bringt der Creality Sermoon S1 mit. Er bietet den Infrarot-Scan und den blauen Laser-Scan mit Kreuzlinien, parallelen Linien und einer einzelnen Linie mit. Die Genauigkeit ist mit 0,02 mm angeben, hängt letztendlich aber stark von der Leistung des Rechners ab.
Alles in allem halte ich den Creality Sermoon S1 für ein sehr gut gelungenes Gesamtpaket. Er könnte gern etwas handlicher sein und auch das Kabel ist etwas kurz, aber in puncto Technik und Bedienung gibt es nichts auszusetzen.


Als gelernter Facharbeiter für Zerspanungsmechanik, Hausbauer und ambitionierter Heimwerker, habe ich als Ausgleich viel Zeit im Internet verbracht, Bosch bei der Moderation seiner Heimwerker-Community unterstützt, ein Bautagebuch geführt und meinen Heimwerker-Blog veröffentlicht.
Heimwerker.de erkannte meine Talente und holte mich als Redakteur für Fachbeiträge und Testberichte ins Boot. Nach und nach wurde Heimwerker.de schließlich zu meinem Baby, um das ich mich liebevoll gekümmert habe. Aber Babys werden groß und gehen ihre eigenen Wege. So wie ich jetzt als freier Redakteur (hauptsächlich) für Testberichte.
























