Artillery Sidewinder X3 Pro
3D-Drucker Test: Aktuell liegt der Artillery Sidewinder X3 Pro bei rund 200 €. Für einen soliden 3D-Drucker ein recht günstiger Einstiegspreis. Ob er sich als Einsteigerdrucker eignet, wird der Test zeigen.
Wichtig ist beim Test nicht, was sich als perfektes Druckbild im Feintuning herausholen lässt. Wer so tief in die Materie eindringt, der wird mit jedem 3D-Drucker einen super Druck hinbekommen.
Getestet wird der Artillery Sidewinder X3 Pro für Einsteiger, die vor der Wahl stehen, welchen Drucker sie kaufen sollen. Wie gut eignet sich da der X3 Pro? Lässt er sich einfach einrichten und sieht man schnell erste Erfolge?
Darum möchte ich auch nicht zu sehr ins Detail gehen. Wer sich dafür interessiert, welche Marlin-Version auf dem Drucker läuft, der bringt genug Wissen mit, um selbst zu beurteilen, worauf er beim Drucker-Kauf achten muss und welcher Drucker am besten zu ihm passt.
Technische Daten
Drucktechnik | FDM (Filament-Drucker) |
Bauraum | 240 x 240 x 260 mm |
Gesamtgröße | 472 x 520 x 650 mm |
max. Geschwindigkeit | 300 mm/s |
Konnektivität | USB, SD-Karte |
Schichthöhe | 0,1 bis 0,35 mm |
Toleranzen | 0,1 mm |
max. Extruder-Temperatur | 300 °C |
druckbare Materialien | PLA , PETG, TPU, ABS |
Bedienung | 4,3″ Touchscreen |
Aufheizzeit | Druckbett 25 – 60 °C – 3: 10 min Hotend 25 – 200 °C – 30 Sekunden |
Sidewinder X3 Pro auspacken und aufbauen
Als erstes sei gesagt, ich habe schon ein paar 3D-Drucker ausgepackt und alle waren so “eingetütet”, dass wirklich nichts beim Transport kaputt gehen kann. Das gilt auch für den Artillery Sidewinder X3 Pro.
Alles ist perfekt in Schaumstoff verpackt und da dürfte auch nichts passieren, wenn der Karton mal runter fällt. Damit ist zwar auch viel Abfall vorprogrammiert, aber das lässt sich kaum vermeiden.
Beim Aufbau gibt es kaum Unterschiede zu anderen offenen 3D-Druckern. Anzubauen ist in erster Linie der Turm, der von unten mit 4 Schrauben fixiert wird. Noch die Kabel anstecken und damit wäre dieser einsatzbereit.
Was noch angebaut werden muss, ist der Filamenthalter an dem sich auch der Filamentwächter befindet und die Halterung für das Touchdisplay.
Dieses lässt sich übrigens dank Spiralkabel entnehmen und damit aus der Ferne nutzen. Wobei “Ferne” etwas übertrieben ist. Auf mehr als 80 cm möchte man das Kabel nicht dehnen. Das Kabel lässt sich allerdings beidseitig abziehen und sicher durch ein längeres ersetzen.
Einrichten des 3D-Druckers
Die Aufbauanleitung ist gut bebildert und daher leicht verständlich – benötigt wird sie aber eigentlich nicht. Man kommt auch sehr gut ohne zurecht.
Zur fertigen Einrichtung und Nivellierung liegt ein extra Blatt bei, auf dem eine Anleitung in Deutsch oder eher Kauderwelsch zu finden ist. Die Übersetzung ist grausam und teilweise unverständlich.
Zum Glück ist das Nivellieren recht einfach, setzt aber voraus, dass man etwas Grundwissen mitbringt und zumindest das Ausrichten mit einem Blatt Papier kennt.
Im ersten Schritt wird das Bett ausgerichtet. Dazu gibt es den Menüpunkt “Manuelle Nivellierung”. Mit diesem lassen sich die vier äußeren Ecken und der Mittelpunkt per Tastendruck anfahren. Mit einem Blatt Papier und den großen Schrauben unterm Heizbett, kann dieses gerade ausgerichtet werden.
Im zweiten Schritt wird die “Automatische Nivellierung” gestartet. Diese tastet nun das Bett an 49 Punkten ab, erkennt Unebenheiten und passt den Druck später daran an.
Mit dem dritten Punkt, dem “Z-Offset” kann abschließend der korrekte Abstand zwischen Druckfläche und Nozzle eingestellt werden. Damit wäre der Drucker schon einsatzbereit und der erste Druck kann gestartet werden.
Testdruck Benchy
Genau das wird an dieser Stelle auch gemacht, ohne sich irgendwie weiter mit dem Drucker zu beschäftigen oder eigene Drucke zu starten. Denn genau darum geht es: Wie druckt der Artillery Sidewinder X3 Pro “out of the Box”?
Dafür bringen eigentlich alle 3D-Drucker einen USB-Stick oder eine Speicherkarte mit, auf der sich das fertige Programm für das kleine Boot befindet. Hier wurde sicher das Optimum für den Drucker herausgeholt, um zu zeigen, was er kann.
Der Druck wird gestartet und bereits nach 25 ist Benchy fertig. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der Boden ist wie das Druckbett etwas rau, die Schrift ist aber noch zu lesen.
Die einzelnen 0,2er Layer sind klar zu sehen, laufen geradlinig und es gibt weder Ghosting noch irgendwelche Kleckse oder Pickel. Die Schichten liegen sauber übereinander und sind fest verbunden.
An den Überhängen und Brücken ist zu sehen, wie die Ränder etwas hängen aber das bewegt sich absolut im Rahmen und haben deutlich teurere Drucker auch nicht besser hinbekommen.
Gleiches gilt für das Stringing, welches nicht vorhanden ist. Kritisieren könnte man vielleicht, dass die oberste Schicht ein paar ganz kleine Lücken hat und nicht dicht ist. Aber das wäre wirklich meckern auf höchstem Niveau.
Für mich sieht das Benchy ziemlich gut aus und damit wäre der Druck “out of the Box” mit Bravour bestanden.
Gut verarbeitet aber wackelig
Der Artillery Sidewinder X3 Pro sieht sehr gut verarbeitet aus und wirkt ebenso stabil. Für einen 3D-Drucker dieser Preisklasse gibt es da absolut nichts auszusetzen.
Sehr gut gefällt das Kabel-Management, da kaum etwas rumbaumelt, was später irgendwo hinderlich sein könnte. Verwendet werden hierfür Flachkabel, was nicht ganz ungefährlich ist, wie sich später zeigen wird.
Die Führungen sind stabil und auch an den Riemenspannungen muss nichts nachkorrigiert werden. Das hier bereits ab Werk alles optimal eingestellt wurde, hat ja bereits der Testdruck des Benchys bewiesen.
Das Heizbett ist mit einer magnetischen PEI-Platte ausgestattet, die stabil ist, sich aber ausreichend biegen lässt, um die Druckteile zu lösen.
Etwas eigenwillig wirkt der Extruder, welcher von außen keine Möglichkeit bietet, den Doppelantrieb auseinander zu drücken. Der Filamentwechsel funktioniert also nur über das Funktionsmenü.
Das Hotend heizt bis auf 300 °C, was inzwischen Standard sein sollte und den Druck von vielen unterschiedlichen Materialien ermöglicht. Die Grenzen liegen hier eher in der fehlenden Einhausung.
Kritik bekommt an dieser Stelle aber die Standsicherheit. Gerade auf Gummi-Füßen sollte es nicht vorkommen, dass ein 3D-Drucker kippelt. Beim Druck ist davon zwar nichts zu merken aber gerade bei höheren Geschwindigkeiten ist ein fester Stand wichtig.
Geschwindigkeit ist nicht alles
Sieht man sich die Herstellerseite zum Sidewinder X3 Pro an, ist dieser natürlich rasend schnell und viel schneller als andere. Das nennt sich dann Marketing.
Ein Bettschubser, bei dem der Tisch vor und zurück gefahren wird, kann nicht so schnell sein, wie beispielsweise der Creality K1, bei dem nur die Düse verfährt. Wir reden hier aber auch über einen 3D-Drucker der Einstiegsklasse.
Dazu fangen wir mit dem Aufheizen an. In gerade mal 30 Sekunden kann Filament mit 200 °C geschmolzen werden. Das ist top und wird den Drucker ganz sicher nicht ausbremsen.
Ein wenig anders sieht das beim Heizbett aus, welches über 3 Minuten benötigt, um auf 60 °C zu kommen und 11 Minuten, um es auf 100 °C zu erhitzen. Die braucht man bei einem offenen Drucker allerdings seltener.
An der Temperaturverteilung gibt es nichts zu kritisieren und gemessen habe ich Werte von 97 bis 103 °C. Es fiel allerdings auf, dass sich die Druckplatte etwas schwerer erwärmt und die Temperatur später erreicht, als sie der Drucker anzeigt.
Die Druckzeit des Benchys ist mit 25 Minuten (inkl. 5 Minuten zum Heizen und Leveln) absolut ok und kann mit dem Creality CR-10 SE mithalten, zu dem eine deutlich höhere Druckgeschwindigkeit angegeben wird.
Das liegt daran, dass das Druckteil recht klein ist und es weniger Leerfahrten gibt, bei denen es auf die Beschleunigung ankommt.
Das zeigt sich beim 2. Drucktest des Yedis. Trotz absolut identischer Geschwindigkeiten im Programm, braucht der Artillery Sidewinder X3 Pro dafür über 2 Stunden, während es beim Creality K1 nicht mal 1,5 Stunden sind. Je länger der Druck dauert, um so mehr macht sich der Unterschied bemerkbar.
Perfekte Druckqualität beim Sidewinder X3 Pro
Der Sidewinder X3 Pro ist nicht ganz so flott, dafür ist er deutlich günstiger als manch andere 3D-Drucker und in Anbetracht des Preisunterschiedes gibt es nichts zu beanstanden.
Die nicht ganz so flotte Geschwindigkeit hat aber auch einen Vorteil, weil sich Konturen so viel besser ausfahren lassen.
Zu erkennen war das bereits beim Benchy, das am Heck noch einen Schriftzug hat. Bei schnellen Druckern ist dieser nicht mal annähernd wahrzunehmen, der X3 Pro zeigt hier zumindest Absätze und es ist zu erkennen, dass da etwas steht – auch wenn es nicht zu lesen ist.
Für den richtigen Test wurde ein kleiner Yoda mit 0,1er Layerhöhe und maximaler Geschwindigkeit von 150 mm/s gedruckt. Das Ergebnis kann sich echt sehen lassen.
Die Stützen gingen sehr leicht von Hand ab und hauchdünne Stringing-Fäden konnten ebenso von Hand abgewischt werden. Die Details des Yoda waren sehr gut ausgebildet und einzelne Layer teilweise kaum zu sehen.
Bedienung am Touchdisplay des X3 Pro
Das Display des Sidewinder X3 Pro ist 4,3″ Zoll groß und lässt sich per Touch bedienen. Es wirkt zwar so, als gäbe es keine Farben aber damit lässt sich sicher leben.
Der Startbildschirm zeigt im Ruhezustand die Temperaturen, die Position und ein kleines Menü an. öffnet man hier einzelne Punkte, lässt sich das Filament wechseln, der Drucker nivellieren, die Speicherkarte öffnen… Kurz, der ganze Drucker bedienen.
Nicht alles ist immer logisch angeordnet und die Funktion zum Verfahren des Druckers befindet sich beispielsweise unter Werkzeuge. Dort sind auch die Temperaturen zu finden, während sich der Lüfter unter “Einstellungen” befindet.
Beim Druck wird das Druckmodell grafisch dargestellt, werden die Druckzeit sowie die Temperaturen angezeigt. Ebenso lässt sich der Druck anhalten, unterbrechen oder lassen sich die Druckeinstellungen ändern.
Ein Filamentwechsel ist dann auch möglich. Wozu sich während des Druckes die Motoren abschalten lassen oder das Z-Offset ändern lässt, erschließt sich mir jedoch nicht. Hier wurden wohl einfach ein paar Menüpunkte reingepackt.
Warum Artillery Cura?
Zum Drucker gibt es eine Speicherkarte, auf der sich die Slicer-Software Artillery Cura befindet. Warum?
Klar, die Grundlage ist Cura und große Unterschiede gibt es auch nicht. Wer jedoch neu in den 3D-Druck einsteigt, sollte erst einmal die mitgebrachte Cura-Version installieren.
Jeder Drucker benötigt im Slicer ein paar Anpassungen oder Kenndaten – das sogenannte Druckerprofil. Optimal ist es, wenn die Software bereits verschiedene Drucker integriert und die grundlegenden Einstellungen gespeichert hat.
Das ist für den Sidewinder X3 Pro leider nur im Artillery Cura so. Original Cura kennt das Profil leider noch nicht. Alternativ kann man auch beide Varianten Installieren und die Daten aus Artillery Cura abschreiben.
Artillery Sidewinder X3 Pro zerstört PC
Tolle Bild-Schlagzeile, aber ganz so schlimm war es zum Glück nicht, hätte aber sein können. Dass es nicht so war, war eher Zufall. Was war passiert?
Alle sichtbaren Kabel sind am Sidewinder X3 Pro als Flachkabel ausgelegt. Das sorgt für ein sehr ordentliches Erscheinungsbild und gefällt mir auch sehr gut.
Beim Transport hat sich aber das Flachkabel zum Hotend etwas gelöst, wodurch der Sensor offenbar keine Rückmeldung mehr gab. Beim Versuch der automatischen Kalibrierung fuhr der Drucker dadurch immer höher und höher, bis er letztendlich auf die Endlage auffuhr.
So schnell konnte ich gar nicht reagieren, da knatterten die Motoren schon. Es kab einen leisen Knall, etwas Zischen und aus meinem USB-Anschluss stieg Qualm auf. Schuld war der entstandene Überstrom.
Zum Glück war der Sidewinder X3 Pro nicht direkt mit dem PC verbunden, sondern über einen externen Power-Schalter, der gleichzeitig USB-Anschlüsse zur Verfügung stellt. Diese funktionieren nun nicht mehr und auch der onboard USB-Anschluss ist nun ohne Funktion.
Was wäre wohl passiert, wenn die Verlängerung (die es verschmort hat) nicht dazwischen gewesen wäre?
Was damit auch nicht mehr funktioniert, ist der USB-Anschluss am Drucker. Zumindest lässt sich dieser seit dem nicht mehr mit dem PC verbinden. Alle anderen Funktionen sind weiterhin gegeben.
Fazit: 3D-Drucker Artillery Sidewinder X3 Pro
Mit einem aktuellen Kaufpreis von rund 200 € gehört der Artillery Sidewinder X3 Pro in die Einstiegsklasse und ist auch gut für Einsteiger geeignet.
Der Druck out of the Box funktioniert sehr gut, dennoch muss der Nutzer ein paar Einstellungen vornehmen und das Druckbett manuell leveln. Das ist nicht zu schwer und gibt dem Nutzer die Möglichkeit, seinen Drucker kennenzulernen.
Auch die erste Bedienung ist einfach und anwenderfreundlich. Wer eigene Sachen drucken möchte, muss sich mit Cura auseinander setzen. Das erfordert schon etwas mehr Einsatz, aber der ist beim 3D-Druck eh nötig.
Bei der Arbeitsgeschwindigkeit legt der Artillery Sidewinder X3 Pro gut vor, gehört aber ganz sicher nicht zu Schnellsten. Dafür bleibt er mit rund 62 dB dabei angenehm leise.
Die etwas langsameren Bewegungen kommen dafür der Druckqualität zu Gute. Hier kann der X3 Pro schon ohne viele Einstellungen und Feintuning glänzen.
Schade ist, dass der “Unfall” mit dem gelösten Kabel passiert ist, welcher den USB-Anschluss zerstört hat. Das sollte nicht passieren. Der Support von Artillery zeigt daran leider wenig Interesse.
Als gelernter Facharbeiter für Zerspanungsmechanik, Hausbauer und ambitionierter Heimwerker, habe ich als Ausgleich viel Zeit im Internet verbracht, Bosch bei der Moderation seiner Heimwerker-Community unterstützt, ein Bautagebuch geführt und meinen Heimwerker-Blog veröffentlicht.
Heimwerker.de erkannte meine Talente und holte mich als Redakteur für Fachbeiträge und Testberichte ins Boot. Nach und nach wurde Heimwerker.de schließlich zu meinem Baby, um das ich mich liebevoll gekümmert habe. Aber Babys werden groß und gehen ihre eigenen Wege. So wie ich jetzt als freier Redakteur (hauptsächlich) für Testberichte.